Der Audia Flight FLS 10 ist das dritte Gerät in der FLS-Serie. Während Vollverstärker bei Audia Flight bisher als eigene Geräteklasse galten und unabhängig von anderen Produkten entwickelt wurden, gehen die Entwickler mit dem FLS 10 einen neuen Weg. Er enthält die komplette Stereo-Endstufe FLS 4 sowie eine einfache Ausführung der Schaltung des Vorverstärkers FLS 1.
Massimiliano Marzi und Andrea Nardini haben dem FLS 10 ihre bekannte Transimpedanz-Schaltung mit lokaler Stromgegenkopplung eingebaut. Wie der FLS 4 verwendet das Gerät einen vergossenen und doppelt geschirmten Zwei-Kilowatt-Ringkerntrafo. Der Vollverstärker ist vollsymmetrisch aufgebaut; zwei getrennte Abgriffe gehen vom Trafo an die spiegelsymmetrisch aufgebauten linken und rechten Verstärkerzüge. 32 Leistungstransistoren beziehen ihre Energie aus Kondensatorbänken mit einer Gesamtkapazität von 288.000 µF. Ein separater Abgriff kümmert sich um die Vorstufenplatine und die Stromversorgung der Zusatzplatinen.
Die interne Signalverstärkung der Endstufensektion wird in vergossenen Class-A-Modulen ausgeführt. Hier kommt die lokale Stromgegenkopplung zum Einsatz. Selbstverständlich haben auch diese Module eine separate Stromversorgung und werden zusätzlich aus Kondensatoren mit einer Gesamtkapazität von 18.000 µF versorgt. Auch im FLS 10 kommen Platinen mit massiven Kupferleiterbahnen zum Einsatz, die Audia Flight bei einem Militärzulieferer bezieht. Diese Platinen werden in der eigenen Fabrik von Hand bestückt. Dort werden auch die CNC-gefrästen Aluminiumpaneele von Hand nachpoliert, bevor sie bedruckt werden. Und die Reihe der Knöpfe auf der Gerätefront ist tatsächlich aus Metall.
Weil Marzi und Nardini keine halben Sachen machen, haben sie im FLS 10 einen zusätzlichen Trafo mit 15 Watt installiert, der sich um die Mikroprozessorkontrolle und Einschaltverzögerung kümmert. So etwas gehört aus ihrer Sicht einfach nicht in die Hauptstromversorgung - und hält außerdem den Standby-Stromverbrauch unter 1 Watt.
Der Vollverstärker hat zwei XLR- und drei RCA-Eingänge. Jeder dieser Eingänge kann individuell benannt und um +/- 6 dB im Pegel angepasst werden. Das ist sehr praktisch, wenn unterschiedlich laute Quellen verwendet werden. Jeder der Eingänge kann auch als Direkt-Eingang konfiguriert werden, wenn die Vorstufensektion überbrückt werden soll – zum Beispiel für die Nutzung des Geräts als Teil einer Heimkinoanlage. Nicht verwendete Eingänge lassen sich komplett abschalten. Wie auch bei der FLS 1 Vorstufe gibt es einen RCA- und einen XLR-Vorstufenausgang. Beide können gleichzeitig benutzt werden. Des Weiteren steht ein RCA-Tape-Out zu Verfügung. Der Kopfhörerausgang der FLS 10 hingegen ist nicht separat ausgeführt, sondern wird von der Endstufe befeuert. Das Gerät hat zwei Einschübe für optionale Phono- und DA-Wandler-Module. Die beiliegende massive Aluminium-Fernbedienung erlaubt eine feinfühlige Balanceeinstellung und das Dimmen des Displays.
Durch das vorhandene doppelte Set an Lautsprecherterminals ist mit dem FLS 10 einfaches Bi-Wiring möglich. Achtung: Es handelt sich um eine symmetrische Endstufe! Bitte niemals die [-]-Terminals zusätzlich erden! Wer die klangliche Performance noch steigern möchte, der sollte für Bi-Amping eine weitere FLS 4 Endstufe an den XLR-Pre-Out anschließen. Dann arbeiten zwei gleiche Endstufenzüge daran, die angeschlossenen Lautsprecher noch souveräner zu befeuern.
Der FLS 10 spielt mit der Souveränität einer großen Endstufe, die es jeder Note erlaubt, sich zu entfalten. Er bietet dabei eine realistische Größendarstellung des musikalischen Geschehens und findet im Bass die richtige Balance zwischen Kraft und Kontrolle. Audia-typisch wirkt die Musik selbst bei hohen Pegeln nie angestrengt oder gar spitz, aber immer enorm lebendig. Hier macht sich die sehr hohe Bandbreite von 0,3 Hz bis zu 500.000 Hz der Schaltung bezahlt. Für die plastische Stimmwiedergabe dürfte weniger eine unbedingte Messwerttreue verantwortlich sein als die mit geschultem Ohr vorgenommene, gekonnte Auswahl der Bauteile.
Das Gerät wird von einem Prozessor gesteuert und überwacht. Im Signalweg selbst befindet sich keine Sicherung mehr. Dieser Prozessor lässt die Stromversorgung der Endstufensektion sanft ansteigen, während sich die Kondensatorbänke füllen. Die Endstufe ist dann nach wenigen Minuten klanglich voll da und erreicht nach rund zwanzig Minuten die typische Betriebstemperatur.
Es gibt vier zusätzliche Module für den FLS 10. Diese können nachgerüstet oder bei der Bestellung mit geordert werden. Es stehen ein hoher und ein schmaler Einbauschacht zu Verfügung.
Phono-Board - ein MM- und ein MC-Eingang die unabhängig von einander genutzt werden können. Die Kapazität und Eingangsimpedanz können feinfühlig angepasst werden und die Verstärkung ist sehr rauscharm. [schmaler Einbauschacht]
Digital-Board - ein DA-Wandler Board mit Eingängen für USB, AES/EBU, 1x SPDIF Coax und 2x SPDIF Opto. Es wird der AKM 4497 DA-Wandler verbaut, der eigenen Arbeitsbereich für DSD-Signale bietet. Der USB-Eingang erlaubt 8x DSD-Datenempfang und auch 32 Bit / 384 Khz Datenanlieferung. Intern kann auf Wunsch bis zu 768 Khz Upsampling betrieben werden, oder der PCM-Datenstrom in 4x DSD konvertiert werden. Es stehen verschiedene Digitalfilter zur Auswahl. [hoher Einbauschacht]
RCA-Board - zwei zusätzliche RCA-Eingänge [schmaler Einbauschacht]
XLR-Board - zwei zuätzliche XLR-Eingänge [hoher Einbauschacht]
Leider spielt die FLS 10 nicht ganz auf dem Niveau der Kombination von FLS 1 und FLS 4. Diese Kombination bietet durch die aufwändiger konstruierte und mit drei separaten Trafos versorgte Vorstufeneinheit auf getrennten Platinen noch etwas mehr an Raum, Darstellungstreue und Offenheit. Unglücklicherweise ist die Kombination jedoch auch etwas raumgreifender und finanziell anspruchsvoller.
Eine Einspielzeit von gut 150 Stunden mit Musiksignal wird für den FLS 10 empfohlen.